SAMOA
Im Zusammenhang mit meinem Neuseeland-Bio-Wollwachs-Projekt betrieb ich eine kleine Anbaufläche auf der Südseeinsel Samoa. Sie lag strategisch günstig - als Zwischenstopp auf meinem Flug nach Neuseeland. Die Einheimischen stellten aus Kokosöl eine natürliche Mazeration (Wärmeauszug in der Sonne) von Blüten Kräutern und Wurzeln her, heraus kam ein wunderbar duftendes Öl. Häufig war ich dabei, wenn sie singend und mit großer Hingabe ihrer Arbeit nachgingen. Nach dem Pressen gaben sie die Pflanzenteile in Glasflaschen und buddelten sie zum Reifen in den warmen Sand am Strand - damit der Extrakt langsam in das Kokosöl einziehen konnte.
Damals beschloss ich, mit diesem Extrakt eine eigene Creme zu kreieren, Samoa Creme sollte sie heißen. Bei einer Kontaktperson auf der Insel gab ich Bestellungen auf, bezahlte im Voraus. Die Person schickte mir das Öl zuverlässig nach Deutschland. Etwa zwei Jahre lief das so, dann flog ich wieder einmal hin. Die Inselfrauen, die dieses Öl für mich herstellten durften, waren stolz und glücklich darüber, und als ich jetzt zum zweiten Mal kam, empfingen sie mich mit einem großen Fest, bei dem sie ein "Umu" zubereiteten (in der Erde wird über Nacht mit heißen Lavasteinen ein Schwein gegart).
Irgendwann jedoch kamen keine Lieferungen mehr in Deutschland an. Ein halbes Jahr versuchte ich meine Kontaktperson auf Samoa zu erreichen, ohne Erfolg! Eines Abends, gegen halb elf, ich war schon im Bett, klingelte es an der Türe Sturm (damals hatte ich meine Privatwohnung direkt über der Firma). Ich machte auf und stand einem großen, dunkelhäutigen Mann gegenüber. Ich war etwas unsicher, aber als ich sah, dass hinter ihm ein Taxi wartete, machte ich auf. Der Mann sprach in einem Mischmasch-Englisch, dass er eine Lieferung aus Samoa habe und ob ich die deutsche Kosmetikfrau sei.
Neugierig folgte ich ihm zum Taxi, im Kofferraum warteten etwa 20 Ein-Liter Coca-Cola Flaschen auf ihre Befreiung, gefüllt mit dem wertvollen Blütenkokosöl. Der Mann machte mir klar, dass sein Bruder, der mein Lieferant gewesen war, gestorben sei. Er selbst habe nicht gewusst, wie so eine Lieferung vonstatten geht, da habe er im ganzen Dorf Geld für einen Flug gesammelt, um die ja schon im Voraus bezahlte Lieferung selbst abgeben zu können. Mir standen die Tränen in den Augen, ich wollte mich wenigstens an den "Lieferkosten" beteiligen.
Er weigerte sich, Geld anzunehmen, nicht einmal das Taxi, das ihm vom Flughafen in immerhin eineinhalb Stunden hierher gebracht hatte, ließ er sich erstatten. Am nächsten Morgen flog er schon wieder zurück, seitdem traute ich mich nicht mehr, auf Samoa zu bestellen. Schließlich steht zu befürchten, dass das Dorf meinetwegen pleite geht. Bei meinem nächsten Besuch nahm ich immerhin großzügige Geschenke mit - leider musste ich die Samoa Creme vom Markt nehmen.
... by Martina Gebhardt (Gründerin)